Impfung als begrenzte Ressource: Überlegungen für eine breitere Verfügbarkeit

Mit dem neuen Jahr erhielt der zweite Impfstoff gegen SARS-CoV2 seine Zulassung durch die Europäische Kommission: Doch die Anzahl verfügbarer Impfstoffdosen bleibt knapp, weshalb eine Priorisierung der zu impfenden Gruppen bereits im Dezember 2020 von der deutschen Bundesregierung in Anlehnung an die STIKO-Empfehlungen festgelegt wurde.

Um zusätzlich aber die Verfügbarkeit von Impfstoff zu erhöhen, schlägt die Bundesregierung in Anlehnung an die EMA-Enpfehlungen zwei Konzepte vor: Zum einen könne man statt der fünf Impfungen pro Durchstechflasche sechs gewinnen. Zum anderen soll in Marburg in einem zusätzlichen Biontech-Werk Impfstoff produziert werden. 

Im EMA-Beipackzettel für den Biontech-/Pfizer- Impfstoff findet sich die Angabe, dass nun aus einer Impfstoffflasche statt fünf  sechs Dosen bei Verwendung von Nadeln und Spritzen mit einem Totvolumen von maximal 35 Mikrolitern und nach Verdünnung des Impfstoffs mit je 1,8ml Kochsalzlösung über eine 21-G-Nadel gewonnen werden dürfen. Allerdings soll kein überschüssiger Impfstoff aus mehreren Flaschen gesammelt und anschließend vermischt werden. In der von Biontech-/Pfizer finanzierten Studie an 37 706 Proband*innen vom Dezember 2020 zur Beurteilung der Wirksamkeit des Impfstoffes wurde eine 95%-ige-Wirksamkeit bei Applikation von 30 Mikrolitern Impfstoff in zwei Dosen binnen 21 Tagen im Vergleich zur Placebogabe festgestellt. Daher ist auch bei Gewinnung von sechs Dosen aus einer Flasche auf die richtige Impfstoffdosis zu achten.

Beim Moderna-Impfstoff sind übrigens pro Flasche 10 Dosen enthalten. 

Zudem wurde eine Verzögerung der zweiten Impfstoffgabe diskutiert. Durch Einwände der STIKO wegen unklaren Nutzens einer unvollständigen Immunisierung, niedrigerer Antikörpertiter, Gefahr einer Verschiebung mit Überwiegen infektionsverstärkender Antikörper sowie möglicher Gefahr für immune-escape-Mutationen aber verworfen und sich damit den Bedenken anderer Forschender angeschlossen. Weiterhin soll daher in Deutschland die Gabe einer zweiten Impfdosis nach spätestens 42 Tagen erfolgen.. Daten zur Geschwindigkeits-versus-Wirksamkeitsanalyse (also einer Analyse über einen größeren Nutzen einer Impfung bei Impfung möglichst vieler Personen oder Beibehaltung optimaler Impfwirksamkeit) von SARS-CoV2-Impfstoffen untersuchte eine britischen Forschungsgruppe. Hierbei wurden nach sechs Monaten die Infektionszahl, Hospitalisierungsrate und Todeszahl nach einer bzw. zwei Impfdosen miteinander verglichen. Dabei ergab sich eine Krankheitsmilderung von 95% nach der zweiten Dosis gegenüber einem Impferfolg von 55% nach der ersten Dosis. Die Autoren schlussfolgerten trotz der Studienergebnisse – anders als die STIKO, dass die Geschwindigkeit der Impfung (d.h. die Impfung möglichst vieler Personen) eine größere Bedeutung als die Wirksamkeit einer Einzelimpfung hätte. 

 

Zum Weiterlesen:

Eine Übersicht über die Forschungsphasen der Impfstoffentwicklung und aktuell evaluierte SARS-CoV2-Impfstoffe (allerdings vom Pharmaverband): https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/coronavirus/wie-impfstoffe-gegen-covid-19-erprobt-werden

Eine Übersicht der Weltgesundheitsorganisation WHO zu den Evaluierungen bisheriger und potentieller Impfstoffkandidaten: https://extranet.who.int/pqweb/sites/default/files/documents/Status_COVID_VAX_Dec2020.pdf

Detaillierte Informationen über einzelne Impfstoffe sammelt die WHO in einer Datenbasis: https://www.who.int/publications/m/item/draft-landscape-of-covid-19-candidate-vaccines

 

Julia Augustin