Antikörper vergehen – B-Gedächtniszellen bleiben!

Die Frage nach der Dauer der Immunität und der Möglichkeiten der Reinfektion nach COVID-19-Erkrankung kam schon relativ früh in der Pandemie auf. Forschende entdeckten, dass Antikörperspiegel im Serum abnehmen und damit einhergehend auch die virusneutralisierende Aktivität des Plasmas nachlässt. Das wirft die Frage auf, ob damit auch ein abnehmender Immunschutz und mögliche Reinfektionen einhergehen.

Forschende einer Arbeitsgruppe an der Rockefeller University haben in einer Kohorte von an COVID-19 Erkrankten nach 6 Monaten einen Blick auf die B-Gedächtnis-Zellen (Bmem) geworfen. Dieselbe Arbeitsgruppe hat im Juni schon ein Paper zur Antikörper-Entwicklung nach COVID-19-Erkrankung geschrieben1 und aus der dabei generierten Kohorte wurden 87 Patient*innen nun erneut untersucht. Zuerst einmal stellen die Forschenden fest, dass die Konzentration von Antikörpern im Plasma über die Zeit sinkt und damit eine Reduktion der neutralisierenden Aktivität des Plasmas  einhergeht  (bei in vitro Neutralisations-Assays mit Pseudoviren.) Interessanterweise ist dieser Effekt am geringsten bei Rezeptorbindungsdomäne (RBD)-reaktiven Immunglobulin A (IgA) Antikörpern.

Für 6 der Patient*innen haben die Forschenden insgesamt 532 zusammengehörige schwere und leichte Antikörperketten akquiriert und diese mit den Daten derselben 6 Patient*innen des vorangegengenen Zeitpunktes (nach ungefähr 1.3 Monaten) verglichen. Dabei fiel auf, dass die Bmem-Zellpopulation nicht nur in ihrer Summe stabil gebleieben ist, sondern, dass die durchschnittliche Anzahl der Mutationen in den Immunglobulin-Gene (ein Marker für Reifung in B Zellen) zugenommen hat. Schaut man auf die Bmem-Zell-Klone (ein Klon sind alle B-Zellen, die aus einer naiven Ursprungs-B-Zelle hervorgehen), die sowohl nach 1.3 Monaten, als auch nach 6.2 Monaten zu finden sind, zeigt sich, dass die Antikörper, die von den B-Zell-Klon-Vertretern nach 6.2 Monaten produziert werden, mutierte Spike-Proteine besser binden und mutierte Viren besser neutralisieren (bei in vitro Neutralisations-Assays mit Pseudoviren.) Das Bmem-Kompartment scheint also nicht zu schrumpfen und die Bmem-Zellen zeigen Zeichen der verbesserten Abwehr gegen SARS-CoV-2 und seine Varianten.

Diese Verbesserung der Antikörper findet in Keimzellen in sekundären Lymphknoten statt. In diesen können Antigene langfristig als Komplexe präsentiert werden. Eine Weiterentwicklung der Bmem-Zellen nach Infektion weist auf das langfristige Vorhandensein von Antigenen, die zu dieser Reifung beitragen, hin. Damit im Einklang haben die Forschenden in Darmbiopsien SARS-CoV-2-Proteine und Nukleinsäure nachweisen können. (Alle Patient*innen waren zu diesem Zeitpunkt negativ per PCR-Test aus einem nasopharyngealen Abstrich.) Dies könnte sowohl eine Erklärung für die weniger stark fallenden IgA-Antikörper, als auch für die postinfektionell andauernde Bmem-Zell-Entwicklung liefern.

 

Für alle B-Zell-Fans unter euch, oder alle, die nochmal genauer reinschauen wollen, hier das Paper: https://www.nature.com/articles/s41586-021-03207-w

 

Chris Wichmann