Frühzeitige Plasmatherapie verringert das Risiko für schwere Atemwegserkrankung bei COVID-19-Patient*innen

Die Plasmatherapie wurde von Emil von Behring vor knapp 120 Jahren entwickelt, wofür er den ersten Nobelpreis für Medizin oder Physiologie erhielt. Bei dieser Therapie wird den Patient*innen gespendetes Plasma von Menschen, die nach Infektion genesen sind, transfundiert. Dieses Plasma enthält Antikörper gegen den Erreger. Somit ist es möglich bei unzureichender oder noch nicht erfolgter humoraler Immunität der Patient*innen eine humorale Immunantwort zu erzeugen. Schon seit Beginn der Pandemie werden COVID-19-Patient*innen auf diese Weise behandelt. Die Behandlungskosten sind mit umgerechnet 186,25 US-Dollar relativ günstig, weswegen die Therapie auch für Low- und Middle-Income-Countries interessant ist.

Erstmals kam jetzt eine Studie aus Argentinien zu dem Ergebnis, dass die frühzeitige Behandlung mit Plasma von gesundeten Personen mit hohen SARS-CoV-2-Antikörper-Titern das relative Risiko für einen schweren Verlauf der Krankheit bei älteren Menschen reduziert. In der randomisierten, doppelverblindeten, Placebo-kontrollierten Studie wurden 160 Patient*innen über 75 Jahren (oder über 65 mit Risikofaktoren) behandelt. Sie erhielten in den ersten 72 Stunden nach Symptombeginn entweder Plasma mit einem IgG-Titer über 1:1000 gegen das SARS-CoV-2 Spike-Protein oder Placebo.

Der primäre Endpunkt der Studie war als schwere Atemwegserkrankung (Atemfrequenz über 30 pro Minute und/oder O2-Sättigung unter 93% unter Umgebungsluft) definiert worden. Für diesen Endpunkt wurde eine signifikantes relatives Risiko von 52% (P=0,03 bei Konfidenzintervall von 95%, 0.29 to 0.94) der Placebogruppe gezeigt. Die Wirksamkeit der Therapie stieg sogar auf 60%, wenn Patienten ausgeschlossen wurden, die zum Behandlungszeitpunkt bereits eine schwere Atemwegserkrankung hatten. Für die sekundären Endpunkte wie Tod und lebensgefährliche Komplikationen wurde wegen einer geringen Fallzahl keine Signifikanz erreicht.

Die Studie unterscheidet sich von anderen Studien, die die Wirksamkeit der Plasmatherapie nicht belegen konnten, vor allem dadurch, dass die Behandlung sehr frühzeitig veranlasst wurde. Schon vorherige Untersuchungen deuteten darauf hin, dass die Plasmatherapie nur in der Frühphase der Krankheit wirksam ist. Außerdem wurde am 15. Januar der Plasmatherapiearm der grossen RECOVERY-Studie der University of Oxford, die verschiedene Therapieansätze untersucht, wegen unzureichender Ergebnisse eingestellt.

Ein ausführlicherer Bericht zur Studie: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/119983/COVID-19-Hochdosierte-Serumtherapie-in-Fruehphase-der-Erkrankung-effektiv

Die Studie: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2033700

 

Helena Salamun