„Die Aussicht auf einen Impfstoff gibt ein Gefühl von Kontrolle“

Mit Angst kennt sich Jens Plag aus – auch in der Pandemie. Der Psychiater leitet die Angstambulanz an der Berliner Charité und forscht zu coronaspezifischen Angstzuständen. Er erklärt im RND-Interview: „Jeder Mensch hat Angst – und das ist gut so.“ Krankhaft werde das Gefühl allerdings, wenn es den Alltag zunehmend dominiert. Die Angst verliert in diesem Moment ihre Schutzfunktion.

Auslöser für die Angst sei oft das Gefühl des Kontrollverlustes, erklärt Herr Plag. Seiner Meinung nach gibt die Aussicht auf einen Impfstoff gegen COVID-19 vielen Menschen ein Gefühl von Kontrolle.  Er sei auch hoffnungsvoll, dass wir uns mit der Zeit an die neue Situation gewöhnen und dadurch auch die psychische Belastung in der Gesellschaft abnimmt.

Bei einer aufgetretenen Angsterkrankung ist die Verhaltenstherapie das Mittel der Wahl. Sie ist in der jetzigen Situation in seiner bisherigen Form leider begrenzt möglich. Die medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva sei dafür auch eine gute Option, betont Herr Plag. Wird eine erstmals auftretende Angsterkrankung allerdings nicht zeitnah behandelt, verläuft sie meistens chronisch. Die Wahrscheinlichkeit ist dann hoch, dass die Ängste immer weiter zunehmen oder es regelmäßig zu Rückfällen kommt. Es ist deshalb ganz wichtig, dass das soziale Umfeld, bewusst den Dialog sucht. Freunde und Familie können auch eine Stütze bei der Suche nach psychologischer oder psychiatrischer Hilfe sein. Eine Therapeutenrolle sollten sie aber nicht übernehmen, weil es dabei keinen emotionalen Abstand gibt, so wie bei einem Psychologen oder Psychiater.

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Viele Menschen befinden sich in ihrem Leben in einer Situation, in der sie ihre Probleme ohne professionelle Hilfe nicht mehr aus eigener Kraft lösen können. Falls du unter Angstzuständen leidest wende dich bitte an eine*n Ärzt*in oder einer der vielfältigen Angebote, die sonst zur Verfügung stehen.

Das Corona-Seelsorge-Telefon bietet Notfallseelsorge und Krisenintervention in der Zeit von 8 bis 24 Uhr unter 030 403 665 885 und über diesen Link.

Über 60-Jährige können auch über ihre Ängste und Sorgen zwischen 8 und 23 Uhr unter der Telefonnummer : 08 00 470 80 90 sprechen.

Studierende finden zudem unter den Nightlines ein offenes Ohr bei Studierenden.