https://scienceofparkinsons.com/2017/06/13/biorxiv-open-access-preprints/

Preprints – was steckt hinter den schnellen Papern?

Gut Wissenschaft braucht Weile. Man hat die Ergebnisse, schreibt ein Paper, dieses geht in den Peer Review (wenn es überhaupt vom ersten Journal akzeptiert wird), wo andere Wissenschaftler*innen Feedback geben. Wochen später bekommt man Rückmeldung und arbeitet diese ein, und erst dann (eventuell nach einer weiteren Runde Review), wird der Artikel in einem sogenannten ‚Peer-Reviewed‘ Journal veröffentlicht. Dieser Prozess, der die Qualität wissenschaftlicher Veröffentlichungen garantieren soll, braucht Zeit. Zeit, die wir mitten in einer Pandemie nicht haben.

Daher umgehen viele Wissenschaftler*innen derzeit diesen Schritt und veröffentlichen auf einem schnelleren Weg, sogenannte Pre-Prints. Dies kann ein guter Schritt sein, zeitnah wichtige Ergebnisse zu veröffentlichen. Zudem können solche Pre-Prints dafür sorgen, dass Studien frei verfügbar, und nicht hinter Paywalls versteckt sind. Allerdings bedeutet dies auch, dass die oben genannten Sicherheitsnetze umgangen werden und es für die Allgemeinheit schwieriger wird, die Ergebnisse einzuordnen.

 

https://www.nytimes.com/2020/04/14/science/coronavirus-disinformation.html

 

Dabei gibt es auf der einen Seite wirklich Studien mit mangelhafter Qualität, welche so in Umlauf kommen. Auf der anderen Seite fehlen manchmal einfach die umfassenden Informationen, um eine Studie überhaupt einordnen oder bewerten zu können. Ein Beispiel im deutschen Raum war die Heinsberg Studie. Das Team um den Virologen Prof. Streeck stellte noch vor Ostern ein Zwischenergebnis vor. Während so etwas durchaus im wissenschaftlichen Bereich auf Konferenzen üblich ist, war diesmal aber nun viel mehr mediale Aufmerksamkeit auf die Präsentation der Zwischenergebnisse gerichtet. Und das, obwohl nur ein Zweiseiter der Studie bisher dahin veröffentlicht gewesen war. Dies führte dazu, dass Zahlen wie ‘Jeder 7. könnte immun sein’ durch die Schlagzeilen geisterten, aber die nötige Einordnung fehlte. Daraufhin meldeten sich kritische Stimmen, welche zu Bedenken gaben, dass die Methoden der Studien nicht bekannt waren und es daher sein könnte, dass Heinsberg beispielsweise nicht repräsentativ für ganz Deutschland sei, und sich noch  weitere systematische Bias eingeschlichen haben könnten. Solche Dinge wären in einer ausführlichen Publikation etwa beschrieben worden, oder wenn nicht, wären diese Informationen im Review noch einmal erbeten worden. 

 

Link zu Kritik: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-04/heinsberg-studie-coronavirus-hendrik-streeck-storymachine-kai-diekmann?fbclid=IwAR0EW3XwmV_jWMeE5i300bOqjtU0k-oKu258rDUoxMZRnxE9XjiBdgK2eKA

 

Antwort Streeck: https://www.tagesspiegel.de/wissen/virologe-streeck-zur-coronavirus-studie-die-veroeffentlichung-zu-heinsberg-war-nicht-leichtfertig/25735672.html

 

So sieht man also das Dilemma, in dem sich die Wissenschaft gerade befindet. Es soll schnell gehen, aber nicht zu schnell. Ein Risiko in der momentanen Situation ist, dass Wissenschaft (auch mit mangelnder Qualität), politische Entscheidungen beeinflussen kann. Hier die Balance zu finden, ist wohl eine Wissenschaft für sich.