Ibuprofen bei COVID-19: Ja/Nein/Vielleicht?

In der letzten  Woche ging eine Sprachnachricht wie ein Kettenbrief durch Whatsapp. In dieser Sprachnachricht wurde davor gewarnt Ibuprofen einzunehmen, angeblich laut Information der Medizinischen Universität Wien. Die MedUni Wien distanzierte sich jedoch prompt von diesen Berichten.

Nachfolgend sprach auch der französische Gesundheitsminister Olivier Veran die Warnung vor anti-inflammatorischen Medikamenten (Ibuprofen, Kortison,..) aus und empfahl bei Fieber zu Paracetamol zu greifen. Und auch die WHO riet im Zweifel gegen Ibuprofen.

Doch was ist da nun dran? Fake News oder Wissenschaft?

Die französischen und die WHO Empfehlungen basieren wissenschaftlich wohl auf einer Publikation aus Lancet Respiratory Medicine von Fang et al. In dieser wird darauf eingegangen, dass Coronaviren (SARS-CoV und SARS-CoV-2) sich über den ACE2-Rezeptor an die Wirtszelle binden, diese werden  bei Therapie mit ACE-Hemmern, Sartanen, Thiaziddiuretika und Ibuprofen vermehrt exprimiert. Die Autoren beschreiben ein hypothetisches Risiko, sich leichter an oder stärker mit COVID-19 anzustecken.

Für diese Hypothese gibt es bisher jedoch keine klinischen Beobachtungen, weder aus den Erfahrungen mit der SARS Pandemie von 2002/2003 noch aus aktuellen Beobachtungen zu SARS-CoV-2. Daher hat die ESC (European Society of Cardiology) empfohlen, nicht auf ACE-Hemmer und Sartane zu verzichten. Auch die WHO hat ihre bisherige Empfehlung am 18.03 revidiert und spricht aktuell keine Empfehlung gegen die Anwendung von Ibuprofen aus.

Das voreilige Verbreiten von Informationen kann zu Unsicherheiten in der Bevölkerung führen. Dies gilt sowohl für  Patient*innen als auch für Gesundheitspersonal. Viele Patient*innen sind auf Medikamente wie Ibuprofen angewiesen und haben vermehrt Kontakt zu ihren Ärzt*innen gesucht, um Bedenken bezüglich einer erhöhten Ansteckungsgefahr abzuklären. Ein großer Teil des Gesundheitspersonals ist auf verlässliche Informationen angewiesen und vertraut auf Empfehlungen. Hieran zeigt sich, wie wichtig Wissenschaftsverständnis, Wissenschaftskommunikation und kritisches Denken im Gesundheitswesen sind. 

Wir möchten an dieser Stelle noch einmal jeden dazu anhalten, Informationen und Quellen kritisch zu hinterfragen, insbesondere bevor sie weiterverbreitet werden.