Sorgenvoller Blick nach Brasilien

Von der weltweiten Pandemie besonders schlimm getroffen, bricht Brasilien in den letzten Tagen immer wieder neue Rekorde. So hatte das Land am vergangenen Dienstag, den 23.03.2021, als zweites Land nach den USA die Marke von 300.000 Corona-Toten überschritten. Bereits drei Tage später, am Freitag, den 26.03.2021, erreichte das Land mit 100.158 Neuinfektionen ebenfalls einen neuen Höchststand.

Ursächlich für diese rasant steigenden Zahlen sollen vor allem zwei Dinge sein: zum einen  die im November in Manaus entdeckte Virus-Mutation P1, zum anderen fehlende, angeordnete Schutzmaßnahmen des unter Druck stehenden rechtsnationalen Präsidenten Bolsonaro.

Über ein Jahr nach dem Ausbruch von Covid-19 änderte dieser nun endlich seinen Kurs im Vorgehen gegen die stetig steigenden Todes- und Infektionszahlen in seinem Land. Die Gründung eines Krisenkomitees verspricht Hoffnung in dem gespaltenen Land. Dieses soll sich mit nachhaltigen Lösungen zur aktuellen Covid-19-Lage und einem Impfangebot für alle Brasilianer*innen bis Ende des Jahres auseinandersetzen.

Bolsonaros Anhänger*innen unterstützen seine Coronapolitik, die bislang der Wirtschaft die größte Bedeutung einräumte, bis heute. Dennoch werden Rufe nach strengeren Auflagen und einem geordneten Vorgehen immer lauter. Grund hierfür ist unter anderem das Kollabieren des brasilianischen Gesundheitssystems. In immer mehr Krankenhäusern des Landes fehlt es an Medikamenten und vor allem an Sauerstoff zur Beatmung der Patient*innen.

Dies führt dazu, dass zum Beispiel auf dem Friedhof Vila Formosa in São Paulo – mittlerweile in Akkordarbeit – alle 10 Minuten ein Mensch beerdigt wird. Die Beerdigungen erfolgen wie am Fließband, ohne Grabrede, ohne Gesang und oftmals auch ohne Angehörige. Ein trauriges Ende für mittlerweile mehr als 3.000 Brasilianer*innen täglich.

Trotz der Einrichtung des Krisenkomitees gibt es kaum Aussicht auf schnelle Besserung, denn mit der neuen Virus-Mutation P1 ist durch Neutralisierung der Antikörper eine Ansteckung trotz vorangegangener Covid-19-Infektion möglich. Dies durchkreuzt den Plan der Herdenimmunität, den Bolsonaro lange vehement verteidigt hatte. Außerdem überträgt sich diese Mutation schneller. Überall dort, wo bereits viele Infektionen aufgetreten sind, ist die Wahrscheinlichkeit für neue Mutanten besonders hoch. Forscher sehen Brasilien deshalb zurzeit nicht nur als Hochrisikogebiet, sondern auch als potenzielle globale Bedrohung an.

 

Caren Schmidt