Long COVID – Was wissen wir über die Spätfolgen einer SARS-CoV2-Infektion?

Die Verläufe einer SARS-CoV2-Infektion reichen von asymptomatischen Infektionen mit grippalen Symptomen sowie Geschmacks- und Geruchsstörungen bis hin zu ARDS, schweren neurologischen Störungen, kardiovaskulären Manifestationen, Nierenversagen sowie Hauterscheinungen. Manche Verläufe enden tödlich. 

Doch auch als genesen Erfasste können noch Symptome aufweisen.

Die Nomenklatur dieser Spätfolgen ist dabei uneinheitlich. In der Laienpresse und englischsprachigen Fachliteratur wird beispielsweise der Begriff des Long COVID viel genutzt.

Dabei wurden nach einer Follow-up-Studie in drei Londoner Kliniken die verbliebenen oder neu aufgetretenen Symptome und Laborparameter von ehemals an COVID-19-Erkrankten   erfasst. Hierzu befragte man im November 2020 384 Patient*innen mit einem Durchschnittsalter von 59,9 Jahren. Als bleibende Symptome zeigten sich Kurzatmigkeit (53%), Fatigue (69%), Husten (34%), Depression (15%) und gestörte Schlafqualität. Fast ein Drittel der Patient*innen wies erhöhte D-Dimere auf, die aber im Verlauf wieder fielen. Unter 10% hatte eine persistierende Lymphopenie und ebenfalls fast 10% ein bleibend erhöhtes CRP. Bei 9% der Untersuchten verschlechterte sich der radiologische Thoraxbefund. Limitierend ist laut Autor*innen, dass nur 34% der Studienteilnehmenden keine Komorbiditäten aufwiesen und Patient*innen mit langen intensivstationären und stationären Aufenthalten zahlenmäßig wenig einbezogen worden sind. 

In einem Review ergaben sich beim Vergleich von fünf Studien zu den Langzeitfolgen von COVID-19 übereinstimmend als berichtete Hauptsymptome Fatigue, Dyspnoe, Thoraxschmerz und Arthralgie sowie in einzelnen Studien Anosmie und Dysgeusie, Haarausfall und psychosoziale Belastung. Die Beobachtungszeiträume der Follow-up-Untersuchungen variierten hierbei von 60 bis 140 Tagen. 

In einer erst kürzlich publizierten prospektiven Kohorten-Studie über persistierende Symptome und Einflussfaktoren wurden von Februar bis April 2020 277 Patient*innen 10-14 Tage nach Genesung und bei auffälligem Befund erneut in der 16. bis 18. Woche befragt. Dabei stellte man ein Post-COVID-Syndrom (wie das Long COVID auch genannt wird) bei etwa der Hälfte der Untersuchten fest. Betroffene gaben Dyspnoe und Fatigue, Kopfschmerz und Gedächtnisstörungen sowie Jüngere zudem Anosmie und Dysgeusie an. Als signifikante Prädiktoren für solche Beschwerden wurden eine radiologische Lungentrübung von mehr als 50% des Gewebes und erhöhte Herzfrequenz ermittelt. Für eine auffällige Spirometrie erwiesen sich eine GFR von maximal 60 ml/min/m2 und männliches Geschlecht als Risikofaktoren. 

Generell gelten erhöhtes Alter, erhöhter BMI und weibliches Geschlecht als Risikofaktoren für Langzeitfolgen.

Nach dem CDC sollen von dem Long COVID, das per definitionem nach 3 bzw. 12 Wochen (das zeitliche Intervall ist hier nicht einheitlich oder fehlt) auftritt, der postakute hyperinflammatorische Status und das mulitsystemische inflammatorische Syndrom (MIS) abgegrenzt werden.

Unter einem postakut hyperinflammatorischem Status wird die Phase III einer Erkrankung durch immunologische Prozesse mit Sepsis und Multiorganversagen subsumiert. kann.

Ein multisystemisches inflammatorisches Syndrom kann als MIS-C bei Kindern ähnlich einem Kawasaki-Syndrom mit anhaltendem Fieber, grippalen Symptomen, Pharyngitis, Rhinitis, Dysgeusie und Anosmie, Myalgie und Cephalgie sowie gastrointestinalen Symptomen auftreten. Das MIS-A bei Erwachsenen ist durch Fieber, Hypotension, Abdominalschmerz und gastrointestinale Symptome, Nackenschmerz, Hautausschlag, Thoraxschmerz und Fatigue gekennzeichnet.

Die S2k-Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19-Patient*innen empfiehlt aufgrund etwaiger Langzeitfolgen eine Nachuntersuchung nach 8-12 Wochen und eine Rehabilitation nach schwerem stationärem Verlauf mit schweren Organmanifestationen.

Für die ambulante Versorgung stehen Post-COVID-Ambulanzen zur Verfügung (eine Übersicht findet ihr hier).

weiterlesen:

Eigenes Ambosskapitel zu PIMS-TS nach COVID-19: https://www.amboss.com/de/wissen/Multisystem_inflammatory_syndrome_in_children

 

Julia Augustin