Was (Antigen-)Schnelltests wirklich können

Positiv, negativ, ungültig oder falsch positiv/falsch negativ? Dass Schnelltests nicht ganz so verlässlich sind wie der diagnostische Standard – PCR-Tests – ist mittlerweile allseits bekannt. Im Rahmen von Massentests werden allerdings hunderttausende Menschen einem solchen Schnelltest unterzogen. Wie verlässlich sind diese nun wirklich und wann ergibt es Sinn sie zu verwenden?
Wie alles im Zusammenhang mit COVID-19 zurzeit, unterliegen auch die Schnelltests einer rapiden Entwicklung. Viele Daten zur Sensitivität/Spezifität einzelner Test entstanden aus von Herstellern finanzierten Studien und sind deshalb nicht gerade unabhängig. Mittlerweile gibt es auch systematische Reviews der publizierten Studien und Hersteller unabhängige Studien (hier findet ihr eine Liste). Außerdem aktualisiert eine Forschungsgruppe aus Heidelberg wöchentlich eine Tabelle, welche Angaben zur Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit vieler Schnelltest sowie zur Unabhängigkeit und Qualität der Studien enthält. Die vom Paul-Ehrlich-Institut und Robert-Koch Institut gemeinsam festgelegten Mindestkriterien für einen Schnelltest empfehlen übrigens eine Sensitivität von mindestens 80% und eine Spezifität von mindestens 97%.

 

Ein Argument gegen Schnelltest ist die verminderte Sensitivität (je nach Test sehr unterschiedlich, siehe Liste) gegenüber PCR Tests. Dadurch könnten infizierte Personen übersehen werden und sich in falscher Sicherheit wiegen. Allerdings argumentieren Wissenschaftler*innen dagegen, dass die Infektiosität jener Patient*innnen, die einen positiven PCR-Test und negativen Schnelltest haben, für gewöhnlich so gering ist, dass eine Weitergabe des Virus unwahrscheinlich ist. Somit wären die Schnelltests immer noch sehr hilfreich dabei, die sehr infektiösen Personen zu identifizieren.

 

Zur Zeit werden Schnelltest noch von medizinischem Personal durchgeführt. Es wird aber bereits an Versionen gearbeitet, welche selbstständig durchgeführt werden. Schneller – günstiger – einfacher lautet hier die Devise. Schnelltests könnten, wenn sie eigenständig und verlässlich durchführbar sind, zu einer noch nicht dagewesenen Testfrequenz beitragen, allerdings nur, wenn sie allgemein zugänglich sind und auch von der Bevölkerungakzeptiert werden.

 

Ein oft ärgerliches, aber nicht gesundheitsschädliches Problem stellt die Anzahl falsch positiver Schnelltestergebnisse dar. Der positiv prädiktive Wert, also die Anzahl an positiv getesteten und tatsächlich auch infizierten Menschen, hängt nicht von der Sensitivität/Spezifität eines Tests ab, sondern von der Prävalenz der Erkrankung in der Bevölkerung. Bei COVID-19, wo die Prävalenz nach wie vor vermutlich sehr niedrig ist, bedeutet das einen hohen Anteil von falsch positiven Testergebnissen (mehr als 70% können falsch positiv sein). Das ist auch der Grund, wieso auf jedes positive Schnelltestergebnis, eine PCR-Testung erfolgen muss. Meistens müssen sich Menschen bis zur Vorlage des PCR-Ergebnisses, was je nach Testkapazität ein paar Tage brauchen kann, in Quarantäne begeben.

 

Abschließend bleibt zu sagen, dass Antigen-Schnelltest trotz vieler Nachteile gegenüber der PCR-Tests ihre Berechtigung haben. Vor allem, wenn die Kapazitäten zur PCR-Testung begrenzt sind und möglichst viele Personen rasch untersucht werden müssen, können so einzelne Infektionsketten unterbrochen werden.

 

Weiterlesen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/217093/Antigentests-auf-SARS-CoV-2-Es-zaehlt-auch-die-Schnelligkeit

Weiterlesen: https://www.nature.com/articles/d41586-020-02661-2