Studieren in COVID-Zeiten

In einigen Städten beginnt kommende Woche das Wintersemester, in anderen wurde der Start auf Anfang November verschoben. So oder so beschäftigen sich höchstwahrscheinlich einige von Euch schon mit dem neuen Semester und stellen sich auf ein weiteres Online-Semester ein.

Das vergangene Online-Semester stellte hierbei vor allem in organisatorischer Hinsicht eine völlig neue Herausforderung für die meisten Studierenden dar. Statt Bib-Sessions und Kaffeepausen-Gesprächen gemeinsam mit den Kommiliton*innen gab es nun für viele Zoom-Calls und jede Menge Selbstorganisation. Aus eigenen Erfahrungen wissen wir alle, dass die Qualität der einzelnen Lehrveranstaltungen dabei sehr stark variierte und oft abhängig vom Engagement der einzelnen Dozierenden und dem technischen Support der Universität war.

Die Zeit hat hierzu vier Studierende interviewt, die beispielhaft über viele Probleme im digitalen Semester gesprochen haben:

Weiterlesen: https://www.zeit.de/campus/2020-06/studium-und-corona-krise-pandemie-universitaet-online-studium

Doch abseits von den alltäglichen Problemen des Online-Lernens gerieten auch viele Studierende in den letzten Monaten in finanzielle Not – bedingt durch beispielsweise den Verlust von Nebenjobs im Gastronomiegewerbe. Eine Erhebung des deutschen Studierendenwerks hat ergeben, dass knapp 40% der Studierenden unmittelbar auf ein Einkommen durch Nebenjobs angewiesen sind.
Zur Unterstützung von Studierenden in finanzieller Not richtete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (kurz BMBF) einen Corona-Hilfsfond für Studierende ein. Dieser lief nun wie geplant zum 30. September aus und soll vorerst auch nicht verlängert werden, da die Anzahl der Anträge in den letzten Wochen wohl zurückgegangen sei.
Von Juni bis September wurden laut Angaben des Ministeriums etwa 135.000 Anträge gestellt, insgesamt wurden knapp 60 Millionen Euro bewilligt. Im September seien nur noch knapp 9000 Anträge bewilligt worden, berichtet die Tagesschau.
Expert*innen sagen allerdings, dass es eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Antragszahlen beim BMBF Fond und den tatsächlichen Notlagen gibt, was wohl nicht zuletzt auch an dem komplizierten Antragsverfahren des BMBF liegen soll. Zu beachten ist auch, dass sich die Situation über den Sommer entspannt hatte, viele Restaurants, Cafés und Bars wieder geöffnet hatten und so auch wieder mehr Möglichkeiten zur Verfügung standen – mit steigenden Infektionszahlen im Herbst, könnte dies allerdings hinfällig werden.
Eine andere Möglichkeit der finanziellen Hilfe bot die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), bei der in den letzten 5 Monaten Kredite in Höhe von knapp 1 Milliarde Euro beantragt wurden. Diese Möglichkeit nutzen also tatsächlich weitaus mehr Studierende als die des Ministeriums. Darüber hinaus griffen anscheinend auch viele Studierende auf andere Möglichkeiten, wie beispielsweise Hilfe von den eigenen Eltern, zurück. Hier gibt es zudem die große Befürchtung, dass durch die finanzielle Not die bereits bestehende Bildungsungleichheit noch stärker ins Gewicht fallen könnte. Studierende aus Akademiker*innen-Haushalten können sich nun einmal oft leichter Geld von den Eltern leihen, als Studierende aus sozial schwächeren Familien.

Weiterhören (ab Minute 7:35): https://www.zeit.de/politik/2020-10/donald-trump-corona-infektion-us-wahl-vertrauenskrise-nachrichtenpodcast

Insgesamt also vielleicht doch alles weniger rosig als vom BMBF gedacht? Wir werden sehen, wie sich die Situation der Studierenden im kommenden Wintersemester entwickeln wird. Immerhin hat das Ministerium angekündigt, das Nothilfeprogramm wieder aufzunehmen, sollte es notwendig werden.

 

Annika Kreitlow