Saisonalität von COVID-19

In den Medien wird immer wieder eine mögliche Entspannung der Lage in Deutschland im Sommer durch eine eventuelle Saisonalität von SARS-CoV-2 diskutiert. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind als wichtige Faktoren bei der Ausbreitung respiratorischer Erkrankungen bekannt. Bei geringerer Luftfeuchtigkeit, also bei trockener Luft, sind Aerosol-Tröpfchen kleiner. Diese können dann wiederum länger in der Luft verbleiben, was die Expositionszeit für andere Menschen erhöht. Im Umkehrschluss sind Aerosole in feuchter Luft größer und schwerer und fallen schneller zu Boden.

 

Für andere Coronaviren, nämlich SARS-CoV und MERS-CoV, ist ein Zusammenhang zwischen klimatischen Bedingungen und Häufigkeit bereits bekannt. Dabei konnte vor allem eine negative Korrelation mit der Luftfeuchtigkeit festgestellt werden, während der Zusammenhang mit der Temperatur noch unklarer ist. Auch für SARS-CoV-2 wird wegen seiner Charakteristiken und des wahrscheinlichen Infektionsmechanismus eine Beeinflussung der Ausbreitung durch klimatische Bedingungen, im Besonderen Temperatur und Luftfeuchtigkeit, vermutet, da diese Faktoren die Überlebenswahrscheinlichkeit des Virus beeinflussen können. In einer früheren Studie aus China wurde dabei ein negativer Zusammenhang zwischen Temperatur bzw. Luftfeuchtigkeit und Infektionen und eine Interaktion zwischen diesen beiden Parametern festgestellt.

 

In Australien haben Forscher*innen der University of Sydney nun bei 749 Meldungen von lokal übertragenen COVID-19 Erkrankungen diesen Zusammenhang in New South Wales (NSW) vom 26.02.-31.03.2020, also während der exponentiellen Phase der Epidemie, beobachtet. Dabei wurden den Fällen mithilfe der Postleitzahlen Daten der nächstgelegenen Wetterstationen zugeordnet. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass in Australien als Land der südlichen Hemisphäre in diesem Zeitraum gerade sommerlich hohe Temperaturen herrschten. Genauer wurde der Zusammenhang von COVID-19-Fällen mit täglichem Regen, Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit untersucht. Dabei konnte eine signifikante negative Korrelation der Luftfeuchte mit dem Auftreten von Infektionen festgestellt werden. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Regenfällen bzw. Temperatur und COVID-19-Fällen wurde jedoch nicht gefunden. Die Temperatur blieb im Mittel, im Vergleich zur Luftfeuchtigkeit im untersuchten Zeitraum jedoch relativ konstant und war bereits zu Beginn bedingt durch den Sommer relativ hoch. Letzteres könnte nach Vorstellungen der Autor*innen, die bis zum Abschluss der Studie relativ geringe Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Australien teilweise erklären. Die Verfasser*innen folgern aus ihren Untersuchungen, dass Öffentliche Gesundheitssysteme während Zeiträumen mit niedriger Luftfeuchtigkeit mit einer höheren Zahl an COVID-19-Fällen rechnen sollten. Eine zweite Folgerung lautet, dass hohe sommerliche Temperaturen nicht vor der Ausbreitung von COVID-19 schützen, auch wenn noch nicht klar ist, ob sie die Ausbreitung verringern könnten. Für eine genauere Klärung der Zusammenhänge werden noch weitere Studien benötigt. Diese könnten anschließend zu besser angepassten Pandemie-Reaktionsplänen mit gezielter Überwachung der Situation und nachfolgenden zusätzlichen Interventionen führen.

 

Weiterlesen:

Artikel der Science Daily:

https://www.sciencedaily.com/releases/2020/06/200601134608.htm?

Australische Studie:

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/tbed.13631