Prostitution: durch Corona endgültig verdrängt?

Ähnlich wie viele andere Gewerbe musste auch das Prostitutionsgewerbe mit Beginn der COVID-19 Maßnahmen schließen und aller Voraussicht nach wird es auch noch eine Weile geschlossen bleiben. Die Gründe dafür sind relativ leicht nachzuvollziehen: Physical distancing ist beim Sexkauf quasi unmöglich und auch das Contact tracing wird durch gesellschaftliche Tabuisierung des Besuchs im Bordell erschwert. 

16 Bundestagsabgeordnete, darunter auch Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordern nun nicht nur eine Verlängerung des aktuellen hygienebedingten Verbotes, sondern ein generelles Verbot von Prostitution. Der Grund für diese Forderung: In den meisten Fällen handele es sich um eine menschenunwürdige und frauenfeindliche Tätigkeit. 

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Der Bundesverband Sexueller Dienstleistungen reagierte darauf mit einem offenen Brief, der  die Vorwürfe der Abgeordneten zurück weist und die Situation der Sexarbeiter*innen mit denen von Masseur*innen und Kosmetiker*innen vergleicht und weist auf ein bereits vorgelegtes Hygienekonzept der Branche hin. Außerdem macht der Bundesverband einen weiteren wichtigen Punkt: DIE eine Prostitution gibt es nicht. Die Arbeits- und Hygienebedingungen unterscheiden sich gravierend zwischen den einzelnen Betrieben, die angebotenen Leistungen variieren stark, ebenso wie die Selbstständigkeit der Sexarbeiter*innen.

Doch wie ging es den Sexarbeiter*innen eigentlich während der COVID-19 Pandemie? 

Während der Pandemie zeigt sich ein bereits sehr bekanntes Problem verstärkt: Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen den Sexarbeiter*innen, die ihr Gewerbe angemeldet haben und somit als Soloselbstständige Hilfe des Staates beantragen können und denjenigen, die im Untergrund arbeiten und deren einzige Einkommensquelle seit Wochen ausfällt. Ein weiteres großes Problem ist die Herkunft der Sexarbeiter*innen. Viele sind lediglich zum Arbeiten nach Deutschland gekommen und haben Familie und Angehörige in anderen europäischen Ländern. Ohne Einkommen stehen diese Menschen vor dem Nichts, einige haben sich bereits zu Beginn der Pandemie wieder auf den Weg zurück in ihre Heimat gemacht, während andere versuchen in Deutschland über die Runden zu kommen.  

Am Ende des Tages bleibt vielen der Sexarbeiter*innen nur eine altbekannte Möglichkeit Geld zu verdienen: Die illegale Prostitution. Und genau darin besteht die größte Gefahr eines generellen Prostitutionsverbots: Die Kriminalisierung eines gesamten Gewerbes und die Verlagerung in unkontrollierbare Bereiche. Die Personengruppe, die hierbei besonders in Gefahr gerät sind die Sexarbeiter*innen selbst. 

Weiterlesen: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-krise-und-prostitutionsverbot-auf-kosten-der-frauen-a-fb767fef-b9db-4408-8c3d-cd676ab61ded

 

Das Thema Prostitution ist ein sehr umstrittenes und komplexes Thema, das wir hier keinesfalls in aller Umfänglichkeit darstellen können.Mehr zum Thema findet ihr zum Beispiel in dieser Folge des Lila Podcast.