Intussuszeptive Angiogenese und strukturelle Schädigung der Alveolenstruktur Quelle: https://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa2015432?articleTools=true

COVID-19: Lungen- und Gefäßerkrankung

Eine spannende Studie, die untersucht, wie sich die SARS-CoV-2 Infektion von einer Grippevirusinfektion (in diesem Fall H1N1) unterscheidet, wurde kürzlich dank einer Zusammenarbeit des Brigham and Women’s Hospital in Boston und der Medizinischen Hochschule Hannover veröffentlicht. Neben den mit SARS-CoV-2/H1N1 infizierten Lungen wurden auch 10 gesunde Lungen zum Vergleich untersucht.

Vincent et al. beschreibt demnach folgende Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Infektionen mit SARS-CoV-2 bzw. H1N1:

  • Gemeinsamkeiten: bei beiden Infektionen kommt es zu einem ausgeprägten Alveolarschaden, was die respiratorischen Symptome erklärt. Beide Male kommt es zur Bildung von Mikrothromben, allerdings häufiger bei SARS-CoV-2 Infektionen
  • Unterschiede: Im Falle von SARS-CoV-2 konnten die Viren mit Hilfe eines Elektronenmikroskops in den Endothelzellen sichtbar gemacht werden. Auffällig war außerdem, dass die durch die Mikrothromben induzierte physiologische Angiogenese Unterschiede aufwies. So kam es im Rahmen einer SARS-CoV-2 Infektion eher zu einer intussuszeptiven Angiogenese. “Intussuszeptiv” ist verwandt mit dem Wort Invagination und bedeutet, dass neue Gefäße nicht aussprossen, sondern durch Einstülpung in ein Blutgefäß entstehen.

Die Studie listet einige Limitationen auf – zwar weist sie eine umfangreiche Methodik auf, doch ist die Fallzahl mit n=7 sehr gering. Eine Untersuchung von post-mortem Gewebe bedingt außerdem, dass die Studie nur statische Informationen vermittelt, also lediglich darüber berichten kann, was in den jeweiligen Lungen an nur einem Zeitpunkt vor sich ging. Hinzu kommt, dass die untersuchten Momentaufnahmen nicht zwingend aus dem gleichen Krankheitsstadium kommen. Es zeigt sich zwar eine Korrelation, doch keine Kausalität. Das bedeutet, dass es andere nicht untersuchte Faktoren geben könnte, die Einfluss auf das beschriebene Ergebnis haben. So wurde zum Beispiel keine*r der COVID-19 Patient*innen in der Studie druckkontrolliert beatmet.

Eine gute Studie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie, wie hier, auf ihre Limitationen hinweist. Trotz der geringen Fallzahl, ist das Ergebnis ein Schritt in die richtige Richtung, alle Geheimnisse hinter dem teils schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 Patient*innen stecken, aufzudecken.

 

Hier geht’s zur Studie: https://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa2015432?articleTools=true

Auch weiterlesen: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113108/Endothelialitis-Mikrothrombose-und-Angiogenese-Warum-SARS-CoV-2-die-Lunge-schaedigt?rt=6a1a74dfe827647f851ae46305bad588