Wie SARS-CoV-2 die Krankenkassen infiziert

Wer glaubt, der Gesundheitssektor muss aus einer Pandemie aufgrund des erhöhten Bedarfs finanziell gestärkt hervorgehen, ist leider weit gefehlt. Den gesetzlichen Krankenversicherungen droht dieses Jahr ein Minus von etwa 14 Milliarden Euro.

Der Grund für diese Verluste  sind vor allem die sinkenden Beitragseinnahmen, die durch die hohe Anzahl an Arbeitslosen und Kurzarbeiter*innen zu verschulden sind. Zwar ändert sich an dem Versicherungsstand für Kurzarbeiter*innen, welche bei einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, zunächst nichts, doch ändert sich die Bemessungsgrundlage für die Beitragszahlungen, was die verminderten Einnahmen erklärt (mehr dazu hier).

Zusätzlich sind weitere finanzielle Probleme zu erwarten, da die wirtschaftliche Situation ein Bestehenbleiben einer ungewöhnlich hohen Arbeitslosigkeit wahrscheinlich macht, und das Gesundheitssystem in den nächsten Monaten einen gewissen Nachholbedarf in der Patient*innenversorgung hat.

Betont wird aber auch, dass an der Geldknappheit der Krankenkassen SARS-CoV-2 nicht die alleinige Schuld trägt, sondern auch die Folgekosten der „kleinen Gesundheitsreform“ von Gesundheitsminister Spahn zu den Gründen zählen. Diese beinhaltet Reformen von der Primärversorgung bis zur Digitalisierung welche teils stark kritisiert wurden. 

Woher sollen die 14 Milliarden Euro nun kommen? Die gesetzlichen Krankenversicherungen beziehen ihre Mittel zu größten Teilen durch Beiträge von Versicherten, allgemein 14,5% des Bruttoeinkommens, welche zur Hälfte vom/n dem/r Arbeitgeber*in und zur anderen Hälfte von dem/r Arbeitnehmer*in getragen werden. Hinzu kommen Mittel vom Bund aus Steuerquellen. Sollte der Bund nicht einspringen, müsste der Zusatzbeitrag der Versicherten von derzeit 1,1% auf bis zu 2,2% verdoppelt werden, berechnen interne Schätzungen.

 Auch die privaten Krankenkassen reagieren auf die COVID-19-Krise, allerdings auf andere Art und Weise. Bis zum 31. Juli können Ärzt*innen, welche Privat-Versicherte behandeln, eine sogenannte Hygienepauschale abrechnen, welche dem behandelnden Arzt oder der Ärztin 14,75 € für jeden Patient*innenkontakt einbringt, um dem erhöhten Hygieneaufwand gerecht zu werden. Eine gut gemeinte Unterstützung, die allerdings auch ein Potential für eine Erweiterung der Schere in der Gesundheitsversorgung von privat und gesetzlich Versicherten darstellt. Denn offensichtlich kämpfen auch viele niedergelassene Ärzte mit den finanziellen Folgen der COVID-19-Krise, eine Bevorzugung von privat Versicherten aufgrund finanzieller Beweggründe ist eine Gefahr.

 Im Gesundheitssystem zu sparen ist sicherlich nicht der richtige Weg, wie der Welt mittlerweile schmerzlich bewusst wurde. Deswegen fordern die kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die gesetzlichen Krankenversicherungen, die Kosten für die erweiterten Tests bei Menschen ohne Symptome oder aus dem Umfeld von gefährdeten Personen NICHT aus Mitteln der gesetzlichen Kran­ken­ver­siche­rung zu finanzieren. Dies würde das System weiterhin belasten, außerdem handelt es sich bei den Tests um allgemeine Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, was unter den Verantwortungsbereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) fällt. Ein essentieller Unterschied, denn der ÖGD bezieht seine Mittel aus Steuergeldern und nicht aus den Beitragszahlungen der Versicherten.

 

Weiterlesen: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/coronakrise-pandemie-bedroht-krankenkassen-beitraege-koennten-drastisch-steigen/25810178.html?ticket=ST-3632713-CV9NdcbmaDabs6oIBGDD-ap6

 

Was zahlen die Krankenkassen in der Corona-Krise: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/krankenversicherung-das-uebernimmt-die-krankenkasse-bei-corona/25684332.html